Ich berste vor Neid, wenn ich eure schönen Frauen, eure edlen Automobile und eure teuren Landhäuser sehe …“
G. B. Shaw
„Der Arzt am Scheideweg“, 1
(Dr. Ridgeon)
Ein Urlaubsvergnügen der besonderen Art: „Flottillen-Segeln“ in der griechischen See.
… vor einigen Jahren wurde das Flottillen-Segeln auf dem griechischen Segel-Chartermarkt eingeführt. Gaben anfangs selbsternannte „Insider“ und „Sachverständige“ dem neuen Kind wenig Überlebenschancen, bleibt heute festzustellen, dass sich der Sprössling mittlerweile zum munteren Teenager entwickelt hat.
Angeboten wird eine 14-Tage-Pauschalreise. Die Anreise erfolgt mit Charterflug, inbegriffen ist eine Flotte von acht bis zwölf gleichartigen, eher kleinen Segelbooten mit je vier bis sechs Kojen.
Die Route ist festgelegt und die Flottille wird von einem „Leitboot“ angeführt, welches mit einem verantwortlichen Leiter, einem Mechaniker und einer Hostess der Vermieter Firma besetzt ist.
Bootsführerscheine sind für den „Segel-Aspiranten“ daher nicht erforderlich.
E D I T O R I A L
Ein Urlaubsvergnügen der besonderen Art: „Flottillen-Segeln in der griechischen See von Gerhard-Stefan Neumann …“
Nürnberg (gsn) – Sie sind reif für die Insel und wollen nichts wie weg. Einfacher gesagt als getan. Denn schließlich kennen Sie ja schon (fast) alle Hochburgen der touristischen und vor allem teutonischen Glück Seligkeiten wie zum Beispiel die allseits beliebten und geschätzten Auslandsdependancen Balearen und Kanaren, nicht zu vergessen Spanien und Nordafrika, vom tristen europäischen Urlaubsrest ganz zu schweigen. Und zu allem kommen Stress und Unentschlossenheit. Ihr Chef nörgelt, warum Sie ausgerechnet jetzt, wo soviel Arbeit unerledigt auf Sie wartet, Ihren Jahresurlaub nehmen müssen (und überhaupt und von wegen ganze drei Wochen), Ihr herzallerliebstes Eheweib ist Ihnen dabei auch keine große Hilfe – und die Kids geben Ihnen den Rest – denn nichts ist den lieben Kleinen gut genug, und Sie armer Mensch sitzen mal wieder total zwischen allen Stühlen.
Es folgt das an sich völlig irreale und überzogene Schreckgespenst aller Tourismus Manager und nervlich ausgeflippter Erholungssuchender: Es ist Urlaubszeit und stellen Sie sich doch mal im Ernst vor – keiner fährt weg – weil man sich auf kein Urlaubsziel einigen kann.
Nun gut, machen Sie Ihrer Frau und den lieben Kleinen ein Angebot, dem sie nicht widerstehen können. Zugegebenermaßen müssen Sie es natürlich geschickt anstellen. Nein, mit Kunst und Kultur sprichwörtlich ins Haus zu fallen, das ist wirklich nicht die feine Art des Urlaubsplaners. Probieren Sie es doch mal eher mit Action, Freiheit und Abenteuer in griechischen Inselgewässern, erzählen Sie von kristallklarem Wasser, traumhaft langen Stränden, einsamen Buchten, tollem Essen – und notfalls können Sie auch etwas ähnliches wie von der „Geburtsstunde der Zivilisation“ hinterher murmeln. Und wenn Ihr verwöhnter Nachwuchs dann kindlich gestresst stöhnend einwendet, das wären ja olle Kamellen und tödlich langweilig und überhaupt und sowieso wäre das eher für Grufties und Scheintote, ja dann, aber nur dann können Sie beiläufig hinzufügen, daß man da auch kanufahren und surfen könne, vom Segeln natürlich ganz zu schweigen, daß es für die Kids auch Moutainbike-Ausflüge gäbe, Tennis- und Tauchkurse und … und …
Nur, und dann sollten Sie Ihre ganze noch verbliebene Autorität in die Waagschale der Entscheidungsfindung werfen und gnadenlos verkünden, daß Sie sich mit Ihren Lieben zwecks eines vierzehntägigen Segeltörns ins Mittelmeer begeben, vorzugsweise in das Ionische Meer. Und wenn sich alle Anwesenden dann noch halbwegs anständig benähmen – hängen Sie noch eine Woche Cluburlaub dran. Womit wir letztlich beim Thema wären und bevor jetzt die Woge familiärer Begeisterung über Sie zusammenbricht, möchten wir Ihnen Ihre ureigenste Idee en Detail etwas näherbringen.
Griechenland gilt schon seit Jahrzehnten als das Urlaubsland schlechthin. In den letzten Jahren hat es sich dagegen auch als das ideale Zielgebiet für Segelreisen etabliert. Nirgendwo sind die örtlichen Gegebenheiten so optimal und durch ihre Vielfalt so beeindruckend wie in diesem Land. Hier finden Sie alles, was Ihren Segelurlaub zu einem vollen Erfolg werden lässt.
Das Land und seine Bewohner wurden geformt durch tausende von Jahren reichhaltigster Geschichte und doch hat sich das traditionsbewusste Land in all diesen Jahren kaum verändert. Die Griechen haben sich ihre unkomplizierte und natürliche Lebensweise bewahrt, die vielen Inseln zeichnen sich durch ihren unvergleichlichen Charme aus und vermitteln die Ruhe und Gelassenheit, die Sie einen erlebnisreichen, unvergesslichen Urlaub verbringen lassen. Dies alles, zusammen mit viel Sonne, endlos weiten Stränden, herrlichen Küstengebieten, malerischen Ankerplätzen und Buchten, die zum Segeln und Entdecken einladen, stellen die richtige Mischung für einen Segeltörn, einen Cluburlaub oder eine Kombination aus beidem dar.
Die ägäischen Gewässer gelten nach wie vor als eine der anziehendsten und reizvollsten Segelgebiete des Mittelmeers. Ab dem zentralen Ausgangspunkt Athen können sowohl der Saronische Golf, der Golf von Argolis, als auch die Nordwestküste über Euböa oder die Kykladen befahren werden. Ein unbedingtes Muss, ja fast schon ein Klassiker bei den vielen Segel Chartern ist der Törn zwischen Athen und Rhodos. Allein die Inselgruppe der Kykladen besteht aus mehr als zweihundert Inseln. Sie können wählen zwischen unbewohnten Eilanden bis hin zum lebendigen Mykonos. Dieses Revier ist allerdings eher für erfahrene Segler geeignet, da der dortige Meltemi besonders in den Sommermonaten ohne Vorwarnung aufkommen kann. Andererseits ist die Ägäis überaus dicht mit Inseln besetzt, so dass man eine Schutz bringende Küste meist in erreichbarer Nähe findet. Das Ionische Meer ist ein Leichtwetterrevier und deshalb besonders für Segeleinsteiger oder auch für Familien mit Kindern geeignet.
Zunächst aber zur in diesem Zusammenhang meistgestellten Frage:
Die Beantwortung dieser Frage ist relativ einfach und der Begriff rasch erklärt:
In einem losen Verbund segeln Sie in Gemeinschaft mit acht bis zwölf anderen Yachten. Sie steuern Ihre Yacht selbst, Bootsführerscheine sind nicht vorgeschrieben. Die Flottille wird von einer Crewyacht begleitet. Die Flottillen sind international zusammengesetzt:
Charterer aus ganz Europa und Nordamerika zählen zu den Kunden der Veranstalter. Während eines vierzehntägigen Törns legt die Flottille zwischen einhundert und zweihundert Seemeilen zurück. Der Charterer unterliegt keinerlei Reglementierung. Nach der gegebenenfalls täglichen Skipper Besprechung steht es Ihnen frei, wann Sie den Hafen verlassen wollen, um ganz nach eigenem Geschmack und Tempo bis zum nächsten Ankerplatz zu segeln. Vier bis zehn Tage freies Segeln stehen Ihnen zur Verfügung, die Sie ganz nach Belieben einteilen können.
An Bord der Begleityacht befinden sich meist mehrere Personen.
Sie sind sehr sorgfältig ausgewählt, sind erfahren und über Funk jederzeit erreichbar. Die Crew führt regelmäßig Törn Besprechungen durch, erläutert die Route, Navigation, Wind- und Wetterverhältnisse. Sie kümmert sich ständig um die Instandhaltung und eventuelle auftretende technische Probleme und schaut regelmäßig während Ihres Törns nach Motor, Elektrik, Segel etc. Anfallende Reparaturen werden von der Crew gleich während des Törns behoben. Die Crew kann Ihnen außerdem wertvolle Tipps über Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglichkeiten und Öffnungszeiten geben.
Natürlich können Sie sich auch in der Nähe des Begleitbootes aufhalten, falls Sie sich nicht allzu „Segelfest“ fühlen.
Genaue und aussagekräftige Richtlinien über eventuell auftretende Situationen zu geben ist naturgemäß äußerst schwierig. Viel hängt von der Zusammensetzung der jeweiligen Crew und den dazu herrschenden Wind- und Wetterverhältnissen ab. Die Flottillen befahren ohnehin nur leicht und problemlos zu meisternde Reviere. Die Kenntnisse, die Sie zum Beispiel während eines drei-tägigen Kurses in Ihrer ersten Urlaubswoche erlangen oder gute Jollen Erfahrung reichen aus, um an einer Flottille teilnehmen zu können.
Griechenland, Land der Götter und der Sonne, hält mit seinem unglaublich abwechslungsreichen Landschaften noch für jeden ein Plätzchen bereit, wo er sich wohlfühlen kann. Irgendwo in der Weite der Ägäis oder im Ionischen Meer warten zahlreiche Inseln darauf, von Ihnen entdeckt zu werden.
Die Ionischen Inseln sind ein kleines Paradies – ursprüngliche Inseln, malerische Fischerdörfer und kristallklares Wasser. Einige Veranstalter haben das Segelrevier erweitert und bieten Ihnen nun die Möglichkeit, über Korfu bis an die albanische Grenze zu segeln – ein wirklich ungewöhnliches Segelgebiet erwartet Sie.
Wir starteten unseren Törn in der Bucht von Syvota auf der Insel Levkas, die vom Festland nur durch einen Kanal getrennt ist. Die Insel ist gebirgig und grün, zahlreiche Süßwasserquellen sorgen für eine üppige Vegetation. Gute Einkaufsmöglichkeiten finden Sie in dem lebendigen Ort Nydrion, viele Restaurants und eine ausgezeichnete Küche in Vasiliki. Auch können Sie in der Bucht von Vasiliki hervorragend Windsurfen durch die auftretenden Fallböen. An der Ostseite der Insel liegt der sehr schöne Club Nikiana.
Östlich von Levkas liegt die landschaftlich reizvolle Insel Maganision. Besuchen Sie die tief einschneidende Bucht Ormos Spilia und machen Sie sich die Mühe, den Hügel zum Dorf
Spartochorion hinaufzugehen: Die atemberaubende Aussicht wird Sie belohnen. Die Insel Skorpios müssen Sie leider auslassen, denn sie ist die Privatinsel der Familie Onassis. Kamalos hat sich wie die Nachbarinsel Kastos wenig verändert. Port Leone ist eine der interessantesten Buchten der Region. Der Ort ist seit dem Erdbeben im Jahre 1953 so gut wie verlassen. Gegenüber auf dem Festland können Sie in Astokos auf dem herrlichen Gemüsemarkt einkaufen und gleichzeitig das urbane griechische Leben kennenlernen.
Auf den Dragonera Inseln finden Sie die ersehnte Ruhe und Beschaulichkeit. Kephalonia, die größte der Ionischen Inseln begrüßt Sie mit dem bezaubernden Hafen Phiskardo. Besuchen Sie bei Paleros die gewaltige Melissani Höhle mit ihrem unterirdischen See. Die beiden Inseln Oaxos und Antipaxos im Norden des Ionischen Meeres können Sie bei einem One-Way Törn zwischen Syvota und Plataria besichtigen. Oder segeln Sie von Plataria aus in Richtung Norden. Sie kommen an der kaum bewohnten Küste von Epirus mit unzähligen Buchten vorbei.
Club-Flottillensegeln erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Sie ist das ideale Urlaubskonzept für diejenigen, die einen Kompromiss zwischen einem reinen Urlaub an Land bzw. auf dem Wasser suchen, und auch für alle, die ihren Aufenthalt gerne etwas abwechslungsreicher gestalten möchten.
Verschiedene renommierte Veranstalter betreiben Clubs – zugegebenermaßen in den unterschiedlichsten Standards und nach den finanziellen Möglichkeiten ihrer Gäste. Jeder dieser Clubs ist geprägt durch eine einzigartige, ganz individuelle Atmosphäre, sie alle sind jedoch in ein bezauberndes Landschaftsbild integriert. Deshalb – informieren Sie sich in Ihrem Reisebüro – und sicherlich werden Sie, wenn Sie die detaillierten Beschreibungen der einzelnen Clubs studiert haben, leicht den Veranstalter und den Club herausfinden, der am besten zu Ihnen paßt.
Ein Urlaub auf See will sorgfältig geplant sein, wenn alles so werden soll, wie man es sich vorgestellt hat, gerade wenn man als „eigener Kapitän“ auf einer Charter-Yacht in See stechen möchte. Von Anfang April bis spät in den Oktober können „Freizeit-Kapitäne“ auf einer unter griechischer Flagge fahrenden Yacht die Schönheiten der griechischen Inselwelt entdecken und lieben lernen.
Seriöse Veranstalter wählen nur Yachten renommierter Werften mit erstklassiger Ausstattung aus – und deren Experten (vielfach deutsche Fachleute) vor Ort garantieren die regelmäßige Wartung der Schiffe. Trotzdem sollten Sie sich Ihre eigene Checkliste anlegen und mit den Angeboten der Veranstalter vergleichen. Viele dieser „Extras“ sind oft bei den vermeintlich etwas „teureren“ Angeboten schon im Preis inbegriffen.
Außenborder:
Bei allen Yachten können Außenborder für das Beiboot gegen Aufpreis gemietet werden. Wichtig: Die Vergabe erfolgt meistens in der Reihenfolge des Buchungseinganges. Bitte bestellen Sie diesen daher bereits bei Buchung Ihrer Yacht – natürlich nur, falls auch gewünscht. Im Preis inbegriffen ist zumeist ein voller Treibstofftank für den Außenborder.
Zusätzliche Ausrüstungen:
– sind Cockpit-Duschen vorhanden? (elektrisch oder tragbar), verfügt das Boot über zusätzliche Kapazität an Frischwasser und befinden sich ein Kühlschrank oder Eisboxen an Bord?
Windsurfer:
Können Windsurfer gegen Aufpreis gemietet werden? Führt die Flottille ggf. kostenlose Windsurfer zur gemeinsamen Benutzung mit? Verfügt die Flottille über „Riggs“ für die „Kids“? Können Blister (Leichtwetter-Vorsegel) gemietet werden? Blister sind leichter zu handhaben, erfüllen jedoch dieselbe Funktion wie Spinnaker. Auch hier gilt bei den meisten Veranstaltern der Eingang der Bestellung.
Studieren Sie v o r Vertragsabschluss die technische Ausrüstung Ihrer Yacht sowie die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen.
Preisbeispiel:
Eine Standard-Yacht mit zwei Kojen und vier Kabinen kostet in der Hauptreisezeit (Juli/August) für vierzehn Tage ab 1. 500 €, in der Nebensaison (April bis Juli und August bis Oktober) für vierzehn Tage ab 1. 200 € und in der Vorsaison (jeweils bis zum 30. April und danach ab dem 15. Oktober) für vierzehn Tage ab 900 €. Hinzu kommen natürlich die Kosten für den Charterflug und die eigene Verpflegung. Extras wie Außenborder, Spinnaker und Windsurfer werden bei den Veranstaltern unterschiedlich berechnet. Sollten Sie partout nicht selbst segeln wollen, dann können Sie natürlich einen professionellen Skipper engagieren – der kostet Sie allerdings neben Unterkunft und Verpflegung noch mindestens 125 € pro Tag.
Ich berste vor Neid, wenn ich eure Frauen, Automobile und eure Landhäuser sehe …“
G. B. Shaw
„Der Arzt am Scheideweg“, 1
(Dr. Ridgeon)
„Es kann nicht schaden, von Zeit zu Zeit die Augen zu schließen und die Hände zu falten – um sie danach wieder zu öffnen für die Aufgaben unserer Zeit und für unsere Mitmenschen.“
Johannes Rau
Allerheiligen + Allerseelen: Zeit zum Nachdenken von Gerhard-Stefan Neumann …
Im November nehmen wir Abschied. Abschied von Freunden, Verwandten und geliebten Menschen.
Es ist Herbst, November. An Allerheiligen und Allerseelen nehmen wir Abschied. Abschied von Freunden, Verwandten und geliebten Menschen. Wir gedenken unserer Toten, der Opfer und Hinterbliebenen der beiden furchtbaren und entsetzlichen Weltkriege, der Verstorbenen aus unseren Familien und Gemeinden. Wie jedes Jahr versammeln wir uns in diesen Tagen des „Trauermonats“ November vor den Kriegerdenkmälern, die zu Ehren der gefallenen Soldaten aus allen Kriegen errichtet wurden, und wir denken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Wie in jedem Jahr fragen wir uns, ob denn die Menschheit aus den vergangenen Kriegen – besonders dem Zweiten Weltkrieg – noch immer nichts gelernt hat. Bleiben die weltweite Flucht und Vertreibung von Millionen von Menschen noch immer ungesühnt, wird politisch motivierter Mord und Totschlag nur mit staatlich sanktionierten und eigentlich sinnlosen Militäraktionen beantwortet?
Tag für Tag sterben auf der ganzen Welt Mütter, hilflose Säuglinge und Kinder an Unterernährung und mangelnder medizinischer Versorgung, während gleichzeitig ihre Ehemänner, Väter und Brüder für einen scheinbar gerechten Kampf in Afghanistan, im Gaza-Streifen, in Kurdistan, in Tschetschenien und anderswo auf der Welt ums Leben kommen. Und uns, den selbstgerechten und wohlgenährten Wohlstands Bürgern dieser Tage fällt nichts besseres ein als mehr oder weniger zaghaft und so gar nicht überzeugend zu murmeln: „Das Boot ist voll“. Dabei würde ein Dach über den Köpfen der Menschen, eine Handvoll Reis, ein Stück Brot und die eine oder andere Lebensmittelkonserve für den Anfang einer erfolgversprechenden Hilfe durchaus genügen.
„Trauermonat November: Die Reihe mehrerer Gedenktage eröffnet am 1. November das katholisches Fest Allerheiligen …“
Nürnberg (gsn) – Allerheiligen ist seit Anfang des neunten Jahrhunderts der bedeutendste Trauertag der Katholischen Christenheit. Die Gläubigen gedenken an diesem Tag, dem 1. November, ihrer Heiligen, Märtyrer und deren Seelen. Allerheiligen hat nicht nur eine herausragende Bedeutung als Feiertag in den katholisch geprägten Gemeinden unseres Landes, sondern auch als kultischer Festtag. In ihren frühen Ursprüngen begannen nämlich die Kelten ihr neues Jahr etwa zeitgleich mit dem heutigen November mit einer großen kultischen Totenfeier, der „Samhain“. In den späteren Jahrhunderten wurde dieser keltische Brauch von der Katholischen Kirche durch die Feste Allerheiligen und Allerseelen ersetzt.
Vor allem in den ländlichen katholischen Gemeinden und Pfarreien erzählen viele, vor allem ältere Menschen, noch immer, dass zur Mittagszeit an Allerheiligen die Seelen der Toten das Fegefeuer verlassen und bis zum Angelusläuten an Allerseelen am nächsten Tag ihre alten Wohnungen aufsuchen. Dieser charmante aber leider doch ziemlich abwegige Irrglaube ging in grauer Vorzeit sogar soweit, zu vermuten, dass in diesen Stunden geborene Säuglinge die Geister der Verstorbenen sehen oder zumindest erkennen können.
Schon in den Tagen und Wochen vor Allerheiligen und Allerseelen werden die Gräber unserer Toten liebevoll gepflegt, hergerichtet, neu bepflanzt und manchmal auch in etwas übertriebener Art und Weise „herausgeputzt“. Diese großen christlichen Feiertage sind nicht nur anstrengende Tage für die Geistlichen vor Ort sondern auch eine arbeitsreiche Zeit für Floristen und Gärtner, deren Geschmack und kreatives Können gefragt sind. Dass es dabei auch um sehr viel Geld, Umsatz und Verdienst geht, soll die Trauer um unsere Verstorbenen nicht schmälern; schließlich geht es auch hier um zehntausende Arbeitsplätze.
Nach dem Gottesdienst ziehen die katholischen Christen in einer gemeinsamen Prozession zu den Gräbern ihrer Angehörigen, um dort mit ihren Pfarrern zu beten. Die Gräber werden mit Weihwasser gesegnet und am späten Nachmittag läuten in den katholischen Gemeinden die Glocken der Kirchen. In diesen Stunden der Dämmerung des beginnenden Abends besuchen die Angehörigen noch einmal den Friedhof und zünden auf den Gräbern Kerzen und Laternen an und halten in stillem Gedenken an ihre heimgegangenen Lieben betend inne. In weiten Teilen unseres Landes ist es immer noch guter Brauch, dass sich an Allerheiligen und Allerseelen die ganze Familie gemeinsam vor den Gräbern im Gebet und Gedenken zusammenfindet.
„Allerseelen: Das ewige Licht leuchte ihnen …“
Auch für Allerseelen gilt, dass sich das christliche Gedenken unserer Toten auf ein Weiterleben in Gott und eine Wiederbegegnung mit ihm im ewigen Leben gründet und richtet. Übrigens:
Schon die alten Römer kannten das Fest „mundus patet“. Die Feierlichkeiten dauerten drei Tage und während dieser zweiundsiebzig Stunden – so vermuteten die alten Römer – stiegen die „Manes“, die „Seelen“ aus der Unterwelt empor.
Die gewaltigen Flüchtlingsströme, die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges über fast ganz Europa ergossen, brachten auch eine enorme Veränderung in den religiösen Bräuchen der Menschen mit sich. So hat sich der kirchliche Feiertag „Allerheiligen“ als höchster Trauertag für die Gläubigen der Katholischen Kirche behauptet, während an „Allerseelen“ vor allem die Christen der evangelischen und lutherisch reformierten Religionsgemeinschaften ihrer Verstorbenen gedenken. Dies geschieht ähnlich wie an Allerheiligen:
Die evangelischen Christen nehmen in ihren Gotteshäusern an den Messfeiern teil und ziehen anschließend in gemeinsamen Prozessionen an die geschmückten Gräber und entzünden dort die „Ewigen Lichter“. Und auch dies soll nicht vergessen werden: In vielen bayerischen Dörfern, Gemeinden und kleineren Städten backen die Bäcker an Allerseelen noch ihr „Seelenbrot“. Inzwischen hat die Ökumene erfreulicherweise schon ein gutes Stück „ausgleichende Gerechtigkeit“ hergestellt: „Seelenbrezeln“ und „Seelenzöpfe“ werden an beiden Feiertagen gebacken und angeboten.
Und auch hier noch ein bisschen Historie:
Nach altem Glauben müssen die „armen Seelen“ spätestens bis mittags in ihr Fegefeuer zurückkehren. Ab dem frühen Nachmittag strömen deshalb die Kinder auf die Friedhöfe um an den Gräbern nach kleinen Geldgeschenken zu suchen, die die „armen Seelen“ angeblich dort für sie deponiert haben. Von dem Erlös kaufen sich die Kids die eben erwähnten „Seelenbrezeln“.
In den traditionellen süddeutschen Bauerngehöften wird auch heute noch sehr darauf geachtet, dass an Allerseelen die Türen nicht laut ins Schloss fallen, damit ja keine „arme Seele“ versehentlich eingeklemmt wird, und leere Pfannen stehen selbstverständlich auch nicht auf dem Herd, denn eine „arme Seele“ könnte sich ja darin verbrennen.
Lebendiges Brauchtum wird von uns „Unwissenden“ und so modernen „Aufgeklärten“ oft belächelt oder zumindest für reichlich antiquiert angesehen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass gerade dieses Brauchtum noch vor nicht allzu langer Zeit für diese Menschen lebensnotwendig war um Armut und Ungerechtigkeit überhaupt ertragen zu können. Die Hoffnung auf das ewige Leben – ein besseres Leben – überhaupt die Hoffnung auf das Paradies war für die Menschen Jahrhunderte lang der einzige Trost in ihrem bedrückenden, elenden und oft genug harten Alltag.
„Das Geschäft mit dem Tod blüht …“
In unserer Zeit haben wir den Tod sozusagen „ad acta“ gelegt. Das alltägliche Sterben in den „Heute Nachrichten“ oder der „Tagesschau“ stört uns höchstens noch beim Verzehr des Abendbrotes.
Der „Tod“ ist nach wie vor eines der großen Tabu-Themen unserer Zeit und alles was mit ihm zusammenhängt wird tunlichst gemieden. Aids, Krebsgeschwüre, Kindstötungen, Mord und Totschlag passen nun mal nicht in die Landschaft der sensationslüsternen Spaßgesellschaft und die Krisengebiete sind Gott sei Dank weit weg. Wen kümmert es schon, wenn Babys und Säuglinge in Kurdistan oder Afrika vor Hunger und Unterernährung wegsterben wie die berühmt-berüchtigten Fliegen, wenn Kinder und Jugendliche im Nahen Osten, also im sogenannten „Heiligen Land“, von den Bomben, Gewehrkugeln, Granaten und Minen der „kriegführenden Parteien“ bei lebendigem Leib zerfetzt werden – und alles möglichst Situationsgerecht aufbereitet von den internationalen Medien. Ist die Saat der großen politischen Massenmörder des vergangenen Jahrhunderts also doch noch aufgegangen?
„Sterben ist hierzulande ohne Zweifel eine teure Angelegenheit …“
Es besteht kein Zweifel daran, dass Sterben in den hochzivilisierten Industriestaaten, vor allem in den westlichen Kulturkreisen, eine sehr teure Angelegenheit ist.
Das „Geschäft mit dem Tod“ blüht. Jahr für Jahr haben die Bestattungsunternehmen, Blumenhändler, Geistliche, Gastronomen, Schreiner, Schmiede, Steinmetze, Totengräber und Trauerredner jede Menge zu tun, und die Angehörigen wissen oft nicht, wie und wovon sie die horrenden Rechnungen bezahlen sollen.
Der Verlust eines geliebten Menschen ist eigentlich schon schlimm genug. Doch Sterben ist in diesen Zeiten eine wirklich teure Sache. Die Hinterbliebenen müssen mindestens über einen Betrag von 3.000 EURO verfügen, um dann letzten Endes als „Gegenwert“ nur ein sehr einfaches Begräbnis zu bekommen. Der Sarg ist in dieser Kostenrechnung noch nicht einmal enthalten, für die einfachste Ausführung sind mindestens 500 EURO zusätzlich zu bezahlen.
Doch damit nicht genug. Die wirklich großen „Nutznießer“ in Sachen Tod sind die Gemeinden, Kommunen und Städte. Selbstredend verfügt jeder kommunale Kämmerer für den letzten Gang eines Menschen über eine mehr oder weniger raffiniert ausgeklügelte Gebührenordnung. Im bundesweiten Durchschnitt müssen es für eine Erdbestattung schon mindestens 700 EURO sein. Wird von den Angehörigen eine Feuerbestattung gewünscht, kommen etwa 50 EURO in Abzug.
In diesen sogenannten Grundgebühren sind lediglich die Aufbahrung des Verblichenen, der Aufbahrungschmuck, die Kosten für die Trauerfeier und die anteilige Miete der Trauerhalle enthalten. Amtliche Bescheinigungen wie die „polizeiliche Abmeldung“ und die „Sterbeurkunde“ müssen extra bezahlt werden. Gleiches gilt für die anfallende „Aschenurne“ bei der Feuerbestattung. Mit erheblichen Kosten ist auch für die eigentliche Grabstätte zu rechnen. Je nach Lage des Grabes sehen die Gebührenordnungen der Städte hierfür Aufwendungen in Höhe von jährlich 250 – 300 EURO vor, und dieser Betrag muss gleich für zwölf Jahre im Voraus beglichen werden. Und damit hier keine Missverständnisse aufkommen, die Kosten für die jährliche „Grabpflege“ fallen natürlich ebenso zusätzlich an wie die Anschaffung eines „Grabsteines“ oder „Grabkreuzes“. Aber auch hier sehen die kommunalen Friedhofsordnungen Bestimmungen in den Ausführungen vor, so dass den „Einsparungsmöglichkeiten“ der Hinterbliebenen von vorneherein sehr enge Grenzen gesetzt sind. Andererseits soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich die meisten eine „preiswerte Variante“ schon aus „gesellschaftlichen Gründen“ gar nicht leisten können oder wollen .
Doch damit nicht genug:
Wenn es nichts mehr zu helfen und zu heilen gibt, sind die „Damen und Herren in Weiß“ – die Ärzte – in Sachen Geldverdienen mit dabei; für den amtlichen „Totenschein“ sind laut ärztlicher Gebührenordnung noch einmal 50 EURO fällig. Sogenannte „Ergänzungskosten“ für „Trauerkarten“ und „Sterbebilder“ erinnern da schon eher an das uns allen wohlbekannte Wortspiel von den „Peanuts.“
Da die deutschen Krankenkassen ihre Sterbegeld-Leistungen drastisch eingeschränkt haben und dies vermutlich auch noch weiterhin tun werden, ist die Vorsorge für den „Fall der Fälle“ dringend geboten. Lassen Sie sich also beraten und schaffen Sie Rücklagen. Ob Sie dies bei einem „öffentlich-rechtlichen“ oder „privaten“ Bestattungsunternehmen tun, kommt auf Ihre finanziellen Möglichkeiten an.
„Jahr für Jahr haben die deutschen Bestattungsunternehmen gut zu tun …“
Eine mittlere bundesdeutsche Großstadt hat heutzutage mehrere Friedhöfe. In der Regel unterhalten die größeren Kommunen ein oder zwei große und vielleicht noch einige kleinere und mittlere Grablegungen. Oft ist es so, dass gerade kleinere Friedhöfe schon längst geschlossen sind und nur noch aus kulturellen und religiösen Gründen erhalten werden. Dazu kommen noch konfessionell gebundene Einrichtungen, wie zum Beispiel „jüdische Friedhöfe“, aber auch hier gilt ähnliches, es gibt eben „alte“ und „neue jüdische Friedhöfe“.
Alle genannten letzten Ruhestätten schlagen natürlich in den Haushaltsbüchern der Gemeinden, Kommunen und Städte mit erheblichen Belastungen zu Buche. Zwischen 4.000 und 6.000 Beerdigungen „fallen“ in einer deutschen Großstadt durchschnittlich im Jahr an. Manche Friedhofsämter betreuen 50.000 und mehr Gräber. Einige größere Kommunen „leisten“ sich für ihre wenig begüterten Bürgerinnen und Bürger noch eigene Bestattungsdienste – wie lange noch, das wird sich zeigen.
Europas größte Friedhöfe befinden sich in Hamburg, Wien und Paris. Sollten Sie sich einmal auf einer Reise durch eine der drei Metropolen befinden, dann besuchen Sie dort diese großen Friedhöfe; zum Beispiel den „Zentralfriedhof“ in Wien oder den Friedhof „Montmartre“ in Paris. Auf dem „Zentralfriedhof“ in Wien fanden zum Beispiel Beethoven und Mozart ihre letzte Ruhestätte, auf dem Friedhof „Montmartre“ in Paris ruhen unter anderem Balzac, Heinrich Heine, Alexandre Dumas und die wunderschöne aber leider viel zu früh verstorbene französische Sängerin Dalida.
„Der sanfte Abschied: Sterbende begleiten und Trauernde trösten …“
Egal welche trostvollen Worte wir auch finden und wie sehr wir uns auch um die Hinterbliebenen eines Verstorbenen bemühen, der Tod eines geliebten Menschen ist und bleibt eine sehr traurige Angelegenheit. Das Leid und der unsagbare Schmerz sind außerordentliche Belastungen und Herausforderungen für die Angehörigen.
Die Erkenntnis, „Sterben zu müssen“ – wegen einer schweren und unheilbaren Krankheit, eines tragischen und nicht vorhersehbaren Unglücks, mitten aus dem Leben gerissen zu werden, die endgültige Trennung von der Ehefrau, dem Ehemann, den Kindern, Brüdern und Schwestern – wer oder was kann diesen Menschen bei seinem letzten Schritt trösten? Wer begleitet den Sterbenden nicht nur bis zu seinem letzten Atemzug und tröstet auch noch die Hinterbliebenen und Trauernden? Oft genug tun dies die Geistlichen, Pastoren, Priester, Pfarrer und Sozialarbeiter der verschiedensten Religionsgemeinschaften und Einrichtungen der öffentlichen und privaten Sozialarbeit. Aber auch ganz „normale“ Mitmenschen machen mit, bringen sich ein, engagieren sich. Es sind die sprichwörtlichen „Helden des Alltags“ ohne die unser Sozialstaat schon längst am Ende wäre. Sie tun es für die eben genannten Einrichtungen, sie besuchen schwerkranke und sterbende Menschen in den Altersheimen, Hospizen, Krankenhäusern und Sterbehäusern, hören ihnen zu, finden tröstende Worte für sie, sind einfach da – am Krankenbett, am Sterbebett.
Jeder kann helfen – man muss sich nur trauen, den Mut finden. Wie sagt ein deutsches Sprichwort: „Ich habe keine Angst vor dem Tode, nur vor einem langen Sterben“. Als Begleiter, Freund und Helfer eines Sterbenden kann „man“ eigentlich nicht viel verkehrt machen. Das ist zwar leichter gesagt als getan, aber es ist wirklich so.
Nur, versuchen Sie nicht den Sterbenden zu führen, lassen Sie sich führen. Schließlich weiß der Patient, der Sterbende selbst am besten, was er möchte und was er nicht möchte. Seien Sie also bei ihm, hören Sie ihm zu, halten Sie seine Hand, wischen Sie ihm den Schweiß von der Stirn – seien Sie ganz einfach nur da. Und so schwer es für Sie und Ihre Angehörigen sein mag – der Tod eines geliebten Menschen ist auch immer eine Botschaft an die Lebenden.
„Lasst mich in Frieden und Würde gehen und verzweifelt bitte nicht an meinem Tod. Und trauert nicht zu lange um mich. Ich lebe in Euren Herzen weiter und ich werde immer bei euch sein. Bitte vergesst mich nicht. Es war schön, Euch gekannt zu haben.“
Letzte Worte einer sterbenden jungen Mutter zu ihrem Mann und ihren Kindern.
Copyright und alle Rechte ausschließlich beim Autor. Nachdruck nur gegen Beleg und Honorar und „nur nach vorheriger Genehmigung“ gestattet.
„Die letzten Dinge regeln und den würdevollen Abschied zu Lebzeiten vorbereiten“.
Wenn der Tod ins Leben tritt, dann sollten wir vorbereitet sein. Doch die wenigsten von uns sind es tatsächlich. Der Tod ist immer noch eines der großen Tabu-Themen unserer Zeit. Dabei gehört er genauso zum Leben wie unsere Geburt. In den allermeisten Fällen kommt er plötzlich und unerwartet. Wer Vorsorge zu Lebzeiten trifft, handelt dagegen verantwortungsvoll gegenüber seinen Angehörigen.
Stichwort:
„Betreuungsgesetz“
So sorgen Sie wirkungsvoll für den Notfall vor! Mit einer „Vollmacht“ können Sie frühzeitig bestimmen und festlegen wer im Notfall für Sie entscheidet. Gesetzt den Fall, dass Sie durch einen Unfall oder durch eine plötzlich auftretende Krankheit nicht mehr entscheidungsfähig sind, kann der Inhaber einer „Vollmacht“ zumindest die „alltäglichen und üblichen Geschäftsvorfälle“ während Ihrer Abwesenheit oder Krankheit für Sie erledigen. Liegt eine solche Vollmacht nicht vor, begeben Sie sich zwangsläufig in die Hände des Vormundschaftsgerichtes. Mit einer sogenannten „Vorsorgevollmacht“ bestimmen Sie im Falle des dauerhaften oder längeren Verlustes Ihrer Geschäftsfähigkeit Ihren „gesetzlichen Vertreter“. Diese Vollmacht sollte unbedingt notariell beglaubigt oder noch besser durch einen Notar und in Gegenwart Ihrer Vertrauensperson ausgefertigt werden. So können Sie wenigstens sicher sein, dass im Notfall in Ihrem Interesse entschieden wird. Mit der „Betreuungsverfügung“ legen Sie schon frühzeitig fest, wer im Falle einer „(dauerhaften) Erkrankung“ als Ihr Betreuer tätig werden und wer es „nicht“ darf. Auch hier gilt:
Holen Sie frühzeitig den Rat eines erfahrenen Anwaltes ein!
Es gibt sie schon seit einigen Jahren und trotzdem ist sie in der breiten Bevölkerung immer noch weithin unbekannt. Die Rede ist von der „Patientenverfügung“. Mit dieser Verfügung nehmen Sie Ihr „Selbstbestimmungsrecht“ für den Fall wahr, dass Sie zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen über sich und ihr Leben nicht mehr selbst entscheiden und bestimmen können. Im Falle einer unheilbaren oder lebensbedrohenden Krankheit können Sie im Voraus bestimmen, ob Sie den Einsatz von medizinischen und lebenserhaltenden Maßnahmen wünschen und in welchem Rahmen Sie diese an sich vorgenommen haben möchten. Wichtig: Auch hier gilt eine frühzeitige Abfassung und Hinterlegung bei einer Person Ihres Vertrauens. Naheliegend für den Patientenbrief wäre in diesem Falle der Hausarzt. Nachdem die Rechtsordnung in dieser Frage noch immer keine zuverlässigen Grundsätze entwickelt hat, empfehlen wir auch hier, unbedingt juristischen Rat einzuholen.
„Über Nacht zu (Voll)Waisen geworden“. Diese Vorstellung ist für jedes Elternpaar der reine Albtraum. Glücklicherweise geschieht dies höchst selten, aber ganz unbeachtet sollten es verantwortungsbewusste Eltern nun auch wieder nicht lassen. Eltern können nämlich vorsorgen, zum Beispiel mit einem Testament. Ein Testament ist natürlich zunächst dazu da, um vorhandene Vermögenswerte an spätere Erben zu verteilen. Es kann aber auch festlegen, wer sich im Falle Ihres Ablebens als Vormund um Ihre Kinder kümmern soll. Für Ihre Kindern können Sie natürlich auch finanzielle Vorsorge treffen und auch bestimmen, wie Sie sich im Falle Ihres Todes zum Beispiel die Ausbildung Ihrer Kinder vorstellen.
Leider stellt die Abfassung eines Testamentes für die meisten unserer jungen (Ehe)Paare eine scheinbar unüberwindliche Barriere da. Deshalb von unserer Seite ein vielleicht hilfreicher Ratschlag: Wenn Sie schon einmal bei einem Notar sind, beispielsweise wegen eines „Ehevertrages“ oder eines „“Grundbuch-Eintrages““ oder warum auch immer, überwinden Sie sich und sprechen Sie auch das Testament mit an. Gerade in unserer so „lebhaften“ und „rasanten“ Zeit sollte man einen tragischen Unfall oder einen schweren Unglücksschlag nie ausschließen. Manchmal „trifft“ es eben auch einen selbst.
Ist dann der „Fall des Falles“ – der Abschied für immer – eingetreten, dann wäre es für Ihre Hinterbliebenen mit Sicherheit sehr hilfreich zu wissen, dass Sie für die Kosten Ihrer Beerdigung entsprechende finanzielle Vorsorge getroffen haben, beispielsweise mit einer „Sterbegeldversicherung“. Diese Versicherung haben nicht mehr alle Lebensversicherungs-Unternehmen im Programm, es gibt sie aber noch als „Gruppenvertrag“ bei den privaten und öffentlich-rechtlichen Bestattungsunternehmen. Auch verfügt der eine oder andere Berufsverband noch über entsprechende Verträge. Diese Versicherung ist gerade jungen Ehepaaren dringend anzuraten, weil sie einerseits mit niedrigen Beiträgen relativ preisgünstig ist, und andererseits noch an einer, wenn auch einer sehr bescheidenen Überschussbeteiligung partizipiert. Die Auszahlungsbeträge liegen im allgemeinen zwischen 1.500 und etwa 10.000 EURO. Wesentlich teurer sind natürlich die sogenannten „Bestattungs-Treuhandverträge“ die von den bundesdeutschen Bestattungsunternehmen in Zusammenarbeit mit den Lebensversicherungen angeboten werden. Sie bieten allerdings auch eine bessere Verzinsung und entsprechende Zusatzleistungen.
Auch hier gilt unser dringende Bitte:
Informieren Sie sich „vor“ einem Abschluss und holen Sie sich gegebenenfalls fachkundigen Rat ein.
Ich berste vor Neid, wenn ich eure schönen Frauen, eure edlen Automobile und eure teuren Landhäuser sehe …“
G. B. Shaw
„Der Arzt am Scheideweg“, 1
(Dr. Ridgeon)
E D I T O R I A L
„Ein Traum auf vier Rädern – das S 500 Coupe von Mercedes-Benz …“
Nürnberg. (gsn) – Sie lassen das Herz eines (fast) jeden Mannes höher schlagen, egal ob es sich bei den Vertretern dieser Spezies um einen „Macho“, „Softie“, einen „Studierten“, einen „Arbeiter“ oder „Angestellten“ handelt. Sie alle möchten – und sei es auch nur einmal im Leben – dieses herrliche Gefühl kennen lernen – die „Lust“, die „Eleganz“, das „Hochgefühl“ des Glücks. Auf den nationalen wie internationalen Automobilmessen ziehen sie Otto Normalverbraucher magisch an, so wie einst die sagenumwobene Loreley die Rheinfischer in ihren verhängnisvollen Bann zog.
Offenen Mundes, staunenden Auges, erregten Herzens steht das so genannte starke Geschlecht vor den Objekten seiner heißen Sehnsüchte und Begierden. Nein, gemeint ist nicht die vollbusige Traumfrau mit den Maßen 90/68/90 aus dem Flensburger Sex-Hochglanzkatalog, nein, es ist auch nicht der neue weibliche Superstar vom Privat TV-Sender auf Kanal 66, es sind ganz einfach die Traumkarossen und Nobelautos aus Mailand, München, Stuttgart und London.
Es liegt in der Natur der Sache, dass es nur wenige Zeitgenossen sind, die sich so einen herrlichen Superschlitten leisten können. Schlappe einhunderttausend (220.000) Mäuse, sprich Deutsche Mark, muss ein hoffnungsfroher Kauf-Aspirant schon locker machen. Doch damit nicht genug, so ein edles und teures Stück reißt auch das Jahr über große Löcher in Muttis Sparstrumpf – oder anders formuliert:
die jährlichen Unterhaltskosten sind nicht von Pappe.
Schon allein diese Tatsache sorgt dafür, dass der in Frage kommende Käuferkreis klein, fein und damit absolut exklusiv bleibt.
Und dennoch haben die meisten Automobilhersteller – zumindest solche – die auf ihr Renommee bedacht sind, solch einen Edel-Boliden im Verkaufsprogramm. Er muss ja nicht gerade 220.000 Deutsche Mark kosten. Und mag das eine oder andere Unternehmen den goldenen Zeiten der boomenden Automobilglückseligkeit hinterher jammern, unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit ist schon zu erfahren, dass sich die teuren Schlitten vergleichsweise besser verkaufen lassen als die biederen Familienkutschen des unteren oder mittleren Preissegments.
Doch werfen wir noch einen kurzen Blick auf Otto Normalverbraucher – oder ganz einfach zu unserem Nachbarn von nebenan:
Da steht er nun, unser 08/15 – Supermacho von der Münchener Giesinger Höhe, vom Berliner Penzlauer Berg oder aus dem tristen Kohlenpott.
Und durch seinen Kopf zieht sich nur ein Gedanke – einmal im Leben so ein herrliches Gefährt zu (be)sitzen, zu (er)fahren – aus der Masse der „gewöhnlichen“ Automobilisten herauszuragen. Einmal den Duft des edlen Leders atmen, die kaum hörbare Vibration des Zwölfzylinders zu fühlen, cool und lässig mit dem Gaspedal spielen, Mann oh Mann, was kostet die Welt?
Lässig „ruht“ die mit vornehmem Kalbsleder behandschuhte Hand unseres „Ottos“ auf dem mächtigen und Respekt einflößenden Schalthebel, während sich die Miniberockte und wohl gerundete vollbusige Blondine mit den Traummaßen 90/68/90 in die „Traumfrau gerechte Beifahrer-Position“ robbt – und insgeheim hofft, dass der „bittere Otto-Normalverbraucher-Kelch“ an ihr vorübergehen möchte. Doch es sei ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Aber lassen wir den reichlich ironischen und provokativen Spaß einmal beiseite und wenden wir uns einem der schönsten Automobile dieser Zeit zu:
Der flotte Werbespruch, „es war schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben“, trifft im wahrsten Sinne des Wortes auf das S 500 Coupe von Mercedes-Benz zu. Schließlich müssen Sie für dieses wunderschöne Auto runde 110.000 EURO auf den Tisch des Verkäufers legen. Äußern Sie dann noch ein paar „bescheidene“ Sonderwünsche, kann es leicht sein, dass Sie den Gegenwert einer Eigentumswohnung in gehobener Wohnlage „löhnen“ müssen.
Der edle Renner hat mit den gemeinhin bekannten Fortbewegungsmitteln unseres
schon erwähnten Otto-Normalverbrauchers etwa soviel zu tun wie die ersten Benz-Kutschen der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts mit einem Space Shuttle dieser Tage. Oder anders ausgedrückt:
Wenn Sie sich bei Tempo zweihundertfünfzig (250 km/h !) Placido Domingo aus der bordeigenen Super Hifi – Anlage „reinziehen“ und dabei wie im eigenen Konzertsaal residieren wollen, dann sind Sie mit dem neuen S 500 Coupe von Mercedes Benz bestens bedient. Vorausgesetzt, sie verfügen über die eingangs schon erwähnte „Kohle“ und denken während Ihrer musikalischen Hochgeschwindigkeitsreise wenigstens ab und zu mal daran, dass auch für ein Fahrzeug dieses Typs und dieses Herstellers Deutschlands Autobahnen ab Tempo 250 km/h sehr eng werden können.
Spätestens an dieser Stelle ist die zweite gängige Werbefloskel fällig:
„Nur Fliegen ist schöner“.
Im übertragenen Sinne und auf gut deutsch muss dies heißen:
„Tanken Sie Ihren heißen Ofen wann, oft und wo sie wollen, vergessen Sie alle imaginären und völlig bedeutungslosen Benzinpreise, Sie kommen ohnehin mit dem „Sprit-Fassen“ kaum nach. Sorgen Sie auch immer für passendes Schuhwerk für die mächtigen Tatzen Ihres heißblütigen Untersatzes – und geben Sie Ihrer Hausbank frühzeitig den Auftrag, einen bestimmten Teil Ihres Einkommens rein vorsorglich an die nächstgelegene Niederlassung von Mercedes-Benz zu überweisen.
Die Frage, ob solch prestigeträchtige Autos überhaupt noch in die ökologische und automobile Landschaft passen oder nicht, ist eigentlich so überflüssig wie ein Kropf:
Denn erstens wird es immer eine Menge zahlungskräftiger Kundschaft geben, die sich diese herrlichen Autos leisten kann – und zweitens hängen immer noch eine hohe Zahl qualifizierter Jobs daran. Und ein Aspekt soll auch nicht vergessen werden:
Eine gute Portion Renommee ist dabei auch noch im Spiel. Und wie leicht der Vorsprung an technischem Know How verspielt werden kann, müssen gerade in diesen Tagen große Teile der deutschen Industrie schmerzlich erfahren.
Das S 500 Coupe steht ganz in der großen und erfolgreichen Tradition der Mercedes-Benz Sport- und Rennsportwagen:
„Kenner“ und „Könner“ werden sich noch an den legendären 500 K Spezial Roadster erinnern, von dem in den Jahren 1935 und 1936 ganze fünfundzwanzig Fahrzeuge gebaut wurden – und von dem es heute weltweit nur noch fünf Wagen dieses Typs gibt – zwei davon sind im Besitz des Herstellers.
Nach dem furchtbaren zweiten Weltkrieg sorgte die inzwischen schon fast legendäre 300-er Serie für Furore, Aufsehen und dringend benötigte Devisen für die Stuttgarter Kassen. Unvergessen sind bis heute der 300 d – besser bekannt als Adenauer-Limousine, der Dienstwagen des „Alten“. Und ebenso das 300 SL Coupe, das von 1954 bis 1957 gebaut wurde. In der Roadster Ausführung wurde es bis 1963 produziert. Für viele Sportwagen – Fans zählt der „300-SL“ noch heute zu den schönsten Autos der Welt.
1955 erblickte dann der mittlerweile nicht weniger bewunderte 190 SL das Licht der Welt. An die Leistungen des „großen Bruders“ konnte er natürlich nicht anknüpfen – was allerdings seiner Beliebtheit in der Damenwelt nicht den geringsten Abbruch tat.
Acht Jahre später, im Jahre 1963, legte Mercedes-Benz den Grundstein für die heutige und überaus erfolgreiche SL Baureihe:
Mit dem 230 SL gelang der Untertürkheimer Autoschmiede der sprichwörtlich große Wurf.
Und dieser Ruf verpflichtet: Wer wie das Haus Mercedes-Benz seit über sechzig Jahren im wahrsten Sinne des Wortes Automobilgeschichte geschrieben hat, kann bei seinen „Aushängeschildern“ getrost auf aufgesetzte Sportlichkeit und fernöstliche Designvorstellungen verzichten. Mit dem Coupe der S-Klasse haben die findigen Schwaben erneut eine Schrittmacher Funktion übernommen:
Das neue Coupe kann man in Sachen Design, Ästhetik und Fahrkultur getrost als Vorbild bezeichnen – und es ist trotz aller Eleganz noch als „Sprössling“ des Stuttgarter Renommee Unternehmens zu erkennen.
Und Mercedes-Benz hat sich seine Coupes auch was kosten lassen: Wertvollste Materialien, ein großzügiges Raumangebot und ein Höchstmaß an Komfort bilden nur den äußeren Rahmen, geben einen ersten Eindruck wieder. Eine „mitdenkende Elektronik“, entlastet nicht nur den Fahrer, sondern „passt“ sogar auf sich selbst auf. Fahrer- und Beifahrer-Airbag runden die großzügige Grundausstattung des Coupes der S-Klasse ab.
Unter der „Haube“ sorgen „ABS“ und „ASR“ (Antriebs -Schlupfregelung) für absolute Manövrierfähigkeit auch in brenzligen Situationen. Durch die Parameter-Servolenkung wird die zum Lenken erforderliche Kraft bei niedrigen Geschwindigkeiten reduziert. Seit 1984 rüstet Mercedes-Benz alle Modelle mit elektronisch gesteuerten Gurtstraffern aus. Diese sorgen bei einem Aufprall dafür, dass die Gurtaufrollwelle zurückgedreht wird und Fahrer und Beifahrer schneller und sicherer festgehalten werden. Und noch etwas Neues ist zu vermelden:
Fünfzig Jahre nach dem Mercedes-Benz einen 12-Zylinder-Motor gebaut hat, gibt es jetzt wieder ein Coupe mit einem Mercedes Zwölfzylinder: den 5 600. 290 kW, 6 Liter Hubraum und ein maximales Drehmoment von 570 Nm bei 3800 Umdrehungen sorgen für „ausreichende“ Geschwindigkeit in jeder Fahrsituation.
Eine 4-Gang-Automatik ist ebenso serienmäßig wie das bordeigene Computer-Diagnose-System, welches der Werkstatt im Fall des Falles sofort verrät, wo der Fehler steckt. In Sachen Komfort und gleichzeitiger Sicherheit ging man bei Mercedes-Benz schon immer einen Schritt weiter als anderswo. Bestes Beispiel hierfür ist der automatisch abblendbare Innenspiegel, was gerade Nachtfahrten angenehmer und sicherer macht:
trifft ein störendes Scheinwerferlicht auf den Spiegel, blendet dieser automatisch und stufenlos ab. Möglich macht dies ein Gel ähnlicher Elektrolyt, der zwischen Reflektor und Spiegeldeckglas angebracht ist. Dieses wird durch ein elektronisches Steuergerät aktiviert, das über zwei Sensoren die Umgebungshelligkeit und den Lichteinfall ermittelt – so dass sich der Spiegel durch nichts mehr blenden lässt. Auch in Sachen Umweltschutz ist das Coupe der S-Klasse vorbildlich. Der bei Mercedes-Benz im Jahre 1986 eingeführte Katalysator erfuhr in jüngster Zeit eine deutliche Verbesserung seiner Reinigungswirkung. Erreicht wurde dies durch die Wärmeisolation der Abgasrohre. Die allseits gefürchtete „Kaltphase“ des Katalysators konnte so entscheidend verringert werden.
Recycling ist für das S 500 Coupe kein Fremdwort mehr:
Obwohl in ihnen nur noch acht Prozent an Kunststoffen stecken, werden alle Kunststoffteile über 100 Gramm speziell gekennzeichnet, um das spätere Sortieren in sortenreines Recycling zu ermöglichen. Die Schadstoffemissionen wurden noch weiter verringert:
Ein Teil der Abgase wird aus dem Auspuff abgezweigt und dem Motor über die Ansaugrohre wieder zugeführt. Dadurch sinken die Verbrennungstemperaturen und damit wieder die NOx-Emissionen.
Fazit:
Angesichts eines Kaufpreises von rund „Zwei hundertzwanzigtausend“ (220.000) Deutsche Mark ist es wirklich schon etwas „sehr“ teuer, einen besonderen Geschmack zu haben. Trotzdem
– und dies sei neidlos anerkannt – hat Mercedes-Benz mit dem Coupe der S-Klasse ein Automobil geschaffen, das auch in zwanzig Jahren noch genau so wunderschön und ästhetisch sein wird wie heute.
Ich berste vor Neid, wenn ich eure schönen Frauen, eure edlen Automobile und eure teuren Landhäuser sehe.“
G. B. Shaw
„Der Arzt am Scheideweg“, 1
(Dr. Ridgeon)
„Die Katze des Botschafters –
eine erotische Erzählung von Gerhard-Stefan Neumann …“
Der alte Botschafter fühlte sich elend, müde und verbraucht. Immer öfter in der letzten Zeit sehnte er sich das Ende seiner Tage herbei. Seine junge Frau, Eva, war ihm dabei auch keine allzu große Hilfe. Obwohl er sie von Herzen liebte und er sich ihrer Liebe absolut gewiss sein konnte. An dieser Tatsache änderten ihre zahlreich vorhandenen jungen Liebhaber nichts.
Auch wenn sich Eva mindestens einmal in der Woche mit einem dieser jungen Herrn auf irgendeinem und höchst unwichtigen Ball in irgendeiner Botschaft in der Hauptstadt vergnügte. Der greise Ehemann war in keiner Weise eifersüchtig. Im Gegenteil, er förderte Evas Leidenschaft nach besten Kräften und er kannte jeden ihrer Liebhaber persönlich. Schließlich waren sie alle Diplomaten – so wie er auch. Er wusste genau, wann eine neuerliche Affäre begann, wann sie ihren Zenit erreichte, wann sie abflaute und wann es für ihn schließlich wieder Zeit war, seiner Gemahlin einen neuen, passenden Verehrer vorzustellen.
Wie immer, saß der alte Botschafter im Rollstuhl an seinem Lieblingsplatz in seinem kleinen Garten hoch über den Klippen des Eilandes. Die einsame kleine und überaus malerische Insel war seine private Residenz. Dieses Refugium hatte er sich beim Kanzler im fernen Berlin ausbedungen, als er die Botschaft vor Jahrzehnten in der Hauptstadt des kleinen Südsee-Archipels übernahm. Nach dem Willen des großen alten Kanzlers in Berlin, sollte dies die letzte Amtshandlung für den greisen Botschafter sein. Doch dieser alte Fuchs kicherte nur leise in die vorgehaltener Hand, wenn er an den mächtigen Kanzler in der Heimat dachte:
„Soll der doch in seinem feudalen Palast hocken“, hüstelte der erfahrene Gesandte in sein Taschentuch aus edlem Damast, „wir werden schon sehen, wer hier wen überlebt“.
Das Atmen fiel dem Botschafter von Tag zu Tag schwerer, die Sehkraft seiner betagten Augen hatte ihn ohnehin schon fast zur Gänze verlassen und das Fortbewegen aus eigener Kraft war ihm schon seit längerer Zeit verleidet. Joseph, sein in Ehren ergrauter Diener, versorgte ihn mit dem Nötigsten und fuhr ihn jeden Morgen oder wann immer sein Herr dies wünschte, im klapprigen Rollstuhl auf die Klippen der Insel in seinen Garten. Treue Begleiterin in all den Jahren, war Eva, die treue und anschmiegsame altägyptische Tempel Katze, eine in höchstem Maße edle wie gleichermaßen, seltene Rassekatze.
Von dort beobachtete der alte Diplomat mit einem gleichermaßen uralten Fernrohr die neumodischen Frachter und Dampfschiffe, die in täglich größer werdender Zahl den Horizont bevölkerten. Und wie immer räkelte sich die Katze wohlig schnurrend im Schoße ihres Herrn, freute sich ganz augenscheinlich ihres Lebens und genoss die zärtlichen Zuwendungen des Botschafters. In all den vielen Jahren hielt Katze Eva ihrem Herrn die Treue. Daran konnten gelegentliche längere Ausflüge des Tieres nichts ändern. Aber immer dann, wenn das schöne Tier nach einem längeren Verschwinden wieder auftauchte, besserte sich auch schlagartig das körperliche Befinden des Botschafters. Deshalb hielt er sie auch nicht zurück, als sie urplötzlich ihr Dösen unterbrach, ihn mit ihren grünen Augen bedeutungsvoll und zugleich wissend anstrahlte, von seinem Schoß sprang und in den Felsklippen verschwand.
So intensiv, wie er immer häufiger in sich hineinhörte, so, als wollte er das Kommen des Gevatters Tod ja rechtzeitig bemerken, so hörte er andererseits dem Schlagen der Wellen zu, die in gut einhundertfünfzig Meter Tiefe an den Strand der Insel brandeten. Er genoss das verliebte Spiel der Seemöwen, wie sie in abenteuerlich anmutenden und gewagten fliegerischen Glanzleistungen ihn, seine Residenz, seinen Garten und die ganze Insel umflogen.
Seinen Garten liebte der Botschafter ganz besonders. Er wurde nach seinen Plänen und Zeichnungen genauestens von einheimischen Gärtnern angelegt und gepflegt. Und noch heute, viele Jahre danach, dürfen größere Reparaturen oder Veränderungen irgendwelcher Art nur nach eingehenden Konsultationen mit seiner Exzellenz durchgeführt werden. Doppelzüngig und zweideutig pflegte der Botschafter sich über seinen Garten wie folgt zu äußern:
„Auch wenn diese Welt längst nicht mehr ist, werden mein Garten und ich eins sein – der Garten oben, ich unten“. Nicht nur, weil in einem bestimmten kleinen und abgesonderten Teil seine bisherigen Hauskatzen von der seltenen Rasse der altägyptischen Tempelkatzen ihre letzte Ruhestätte fanden, nein auch zwei seiner Ehefrauen sind an diesem idyllischen Platz im Laufe der Jahrzehnte zur ewigen Ruhe gebettet worden.
Gelegentlich kamen in dem alten Mann schauderhafte Gefühle hoch, vor allem, wenn er mit Entsetzen an die kapitalen und wohlbeleibten, aber zu seinem großen Glück frühzeitig dahingeschiedenen allerliebsten Damen seines Herzens dachte. Bei Eva, seiner jetzigen Ehefrau war das natürlich gar anders, denn Eva war ein seltener Glücksfall – ein Juwel. Groß und schlank gewachsen, sehr intelligent, jung, nämlich ganze fünfzig Jahre jünger als ihr Gemahl, und mit sehr dezent vorhandenen weiblichen Rundungen und schulterlangem rötlichem Haar, war sie eine Frau, wie er sie sich immer gewünscht hatte – auch, wenn sie ihm nicht alleine gehörte. Aber was machte das schon. Alleine durch ihre Anwesenheit versüßte sie ihm die Abgeschiedenheit und Einsamkeit auf diesem Außenposten der Weltdiplomatie.
Dem alten Herrn taten alle Knochen seines müden und abgeschlagenen Körpers weh und er konnte sich nur noch mühsam im Rollstuhl halten. Tief zog er das Aroma der frischen Luft des Pazifiks in seine Lungen, immer in der Hoffnung, die muntere Brise würde ihm ein wenig von der körperlichen Leistungsfähigkeit vergangener Tage zurückgeben. Auch sehnte er sich sehr nach Evas Umarmungen. Doch es blieb bei der unerfüllten Hoffnung, das baldige Ende schien immer näher zu kommen.
Joseph wusste um den verheerenden Zustand seines greisen Herrn und er litt mit ihm, vor allem seit ihm bewusst wurde, in welchem Ausmaß und Umfang der körperliche Verfall des Botschafters fortschritt. So schlurfte er denn eilends, so sehr das eigene Gebrechen es eben zu ließ, herbei und brachte seinem Herrn das ebenso betagte Fernrohr. „Ich danke Dir, Joseph“, murmelte der Greis und legte das Glas auf das eiligst gereichte Stativ um Fernrohr und zitternde Hand einigermaßen zur Ruhe zu bringen. Was der Alte sah, schien ihm tiefe Freude zu bereiten, denn ein unaussprechliches Gefühl des Glückes breitete sich in dem alten und ausgemergelten Körper aus, verjüngte ihn um zehn, zwanzig ja vielleicht sogar dreißig Jahre – der Botschafter erwachte im wahrsten Sinne des Wortes zu neuem Leben.
Die Gestalt des Botschafters richtete sich auf, straffte sich, die unendlich zahlreichen Falten seiner Haut verschwanden und seine blasse Haut bräunte sich. Das strähnige und ungesund wirkende gelbliche wirre Haar wurde silbrig strahlend weiß, und hätte einem altgriechischem Philosophen zur Ehre gereicht. Joseph hatte diese unglaubliche Verwandlung früher schon miterlebt. Und jedes mal litt er mit dem Greis aus dem fernen Europa mit. Und immer wenn dies geschah, gab es nicht nur einen unerklärlichen Todesfall auf dieser einsamen Insel, sondern auch Josephs Körper passte sich dem Leib seines Herrn an. Anfangs machte ihm dies Angst. Doch die vergaß er dann sehr schnell, zumal der Botschafter immer nur erstaunt lachte und neugierig wissen wollte, mit welchem jungen Mädchen denn Joseph die letzten Nächte verbracht hätte. In den vielen Jahren seiner Dienerschaft hatte Joseph gelernt zu schweigen, zu dienen und zu genießen.
Mit der Euphorie des Alten wuchs auch Joseph wieder einmal über sich hinaus und er dachte mit Freuden an die neue kaffeebraune weibliche Schönheit, die seit einigen Tagen für das Frühstück und den Fünf-Uhr-Tee des Gesandten zuständig war. Joseph strahlte über sein ganzes von der heimischen Sonne verwittertes und von den Stürmen des Lebens gezeichnetes Gesicht, als er an die Angebetete dachte: an deren wohlgeformte lange Beine, an die festen Schenkel, an die schmalen Hüften und vor allem an das weiblich ausladende Hinterteil der Verehrten, welches Joseph schon öfter zu dem einen oder anderen kleinen Liebesbeweis verleitete, er aber stets mit dem schnippischen Hinweis abgefertigt wurde, „aber, aber Großvater …“
Dies würde sich jetzt ändern und dessen war sich Joseph ganz sicher. Das strahlende Lächeln in den stahlblauen und blitzenden Augen seiner Exzellenz gaben ihm recht. Er würde jeden Quadratzentimeter der Haut seiner Angebetenen küssen, die Taille des Mädchens umfassen und sie nicht mehr entgleiten lassen, ganz zu schweigen von den üppigen und sehr weiblichen Brüsten und er stellte sich vor – wie er sein Gesicht in ihnen vergraben würde. Und – um wie viel Jahrzehnte seine eigene Lebensuhr im Schatten der Regeneration seines Herrn dieses Mal zurückgestellt werden würde.
Eine energische Handbewegung des zu neuem Leben erblühten Diplomaten brachte ihn ziemlich unwirsch in die Realität zurück. „Sieh nur Joseph“, rief seine Exzellenz erfreut, „ja, sieh nur ganz genau hin, sie haben sich gefunden und sie lieben sich – endlich ist es soweit“ und mit einer eleganten und überaus schwungvollen Handbewegung reichte er dem Diener das Glas und bedeutete ihm, hindurch zu sehen. Tief zu ihren Füßen, in der traumhaften und wunderschönen Bucht zwischen den Felsklippen vergnügte sich Eva, die Frau des Botschafters mit einem ungewöhnlich gut aussehenden, jungen, groß gewachsenen blonden Mann. „Es ist Ihr erster Sekretär Horvath, Exzellenz“, stieß Joseph überrascht hervor, „Ja, Joseph, ich weiß es schon längere Zeit“, bestätigte ihm dieser und fügte gelassen hinzu:
„Ich selbst habe ihr den jungen Mann vorgestellt und ich glaube, dass er für unsere Zwecke ganz brauchbar ist“.
Das junge Paar, welches auch aus dieser Entfernung, füreinander geschaffen schien, hatte sich bereits aller Kleidungsstücke entledigt und schwamm so, wie Gott sie erschaffen hatte, wie ein unschuldiges, fröhliches und unbeschwertes, vielleicht sogar etwas kindlich albernes Liebespaar in den Wellen des Pazifiks. Während Evas unkompliziertes und fröhliches Lachen die Felswände empor schlug und sie dem Werben des nackten Jünglings immer bereitwilliger nachgab, gewann der Ehemann vollends an Gewicht und Statur:
„Joseph“, meinte er zu seinem Diener gewandt, „Gott möge mein Zeuge sein und er möge mir verzeihen, aber dieser junge Mann ist unsere Rettung vor dem Herrn der ewigen Finsternis“, sprach und streckte der gleißenden Sonne seine Arme entgegen und dankte seinen Fürsprechern und Gönnern in den unendlichen Weiten des Universums für seine Wiedergeburt. Just in diesem Augenblick vereinigte sich zu seinen Füßen, im goldgelben Sandstrand des Archipels, seine heiß und innig geliebte Eva mit dem sportlich-gestählten Körper des so außerordentlich gutaussehenden blonden Jünglings aus dem fernen Europa. Und als Eva kurz vor dem beiderseitigen erlösenden Höhepunkt die Augen öffnete und nach oben an den Rand der so schier unüberwindbaren Klippen blickte, sah sie ihren Mann. Hoch und aufrechtstehend hatte er dank ihrer Hilfe sein trauriges Ich abgestreift und sich zu einem neuen, bedeutungsvolleren Dasein erhoben.
Eva aber gab nicht nur, sie nahm auch – das wertvollste was ihr junger Liebhaber ihr zu geben hatte – und sie nahm es für ihren Mann. Im gleichen Moment, als er sich willenlos in ihren Armen seinem endgültigen Schicksal ergab und sich damit sein Leben erfüllte, schossen aus Evas wunderschönen grüne Augen zwei grelle gleißende weiße Blitze die Felswand empor, ließen den Botschafter wie in einem Gewitter durchdringen und erleuchten, brachten ihn im den schillerndsten Farben dieser Welt zum Glühen und entfernten sich schließlich am Horizont des Himmels genauso schnell, wie sie gekommen waren. Wenig später, wie durch Fügung oder durch die Dramaturgie eines geschickten Zauberers brach über die Klippen des Eilandes tiefe Finsternis herein und es wurde mit einem Schlage tiefste Nacht … …
Gut gelaunt, aufgeräumt, ja richtig fröhlich und fast schon beschwingt strebte der junge alte Botschafter seinem Schlafgemach entgegen. Selbstverständlich hatte sein getreuer Diener Joseph schon alles für eine geruhsame Nacht vorbereitet eingedenk des obligatorischen Glases warmer Milch, damit er, sein Herr, angenehm wohlig entspannt in das Reich der Träume hinüber schlummern würde – aber diese, wie immer so köstliche Milch seine Exzellenz war sich sicher, würde er in dieser Nacht bestimmt nicht benötigen. So öffnete er demonstrativ mit beiden Händen die mächtige Flügeltür zu seinem Schlafzimmer und ließ sich gefangen nehmen vom Licht, der Wärme, von Freundschaft und Liebe:
Es empfing ihn ein Strahlenkranz aus goldfarbenen Lichtkegeln, die ihn, den Raum und das Bett umfingen, so, als sollten er und der gesamte Raum Teil ihrer gewaltigen Ausstrahlungskraft werden. Und dann sah er seinen Liebling, die Katze. Behaglich schnurrend räkelte sich die wunderschöne altägyptische Tempelkatze auf den edlen Laken, ihre Augen leuchteten gleich riesigen Phosphorsteinen und auf ihrer Iris spiegelten sich kleine, weiße Blitze. „Eva, mein kleiner Liebling“, flüsterte der Botschafter glücklich, kniete an der Bettstatt nieder und liebkoste überaus zärtlich das edle Tier. Nach einer Weile des liebevollen Miteinanders bemerkte der Gesandte Blutspuren an den Krallen des Tieres und als er fragend und gleichzeitig betroffen der Katze in die Augen sah, spiegelte sich in ihnen seine eigene Vergangenheit wieder. Wenig später, als sich der Diplomat zur Ruhe begab, schmiegte sich die Katze in seine Arme und sah ihn aus großen, grünen Augen liebevoll an … …
Das Gewitter kam nicht überraschend, in seiner Art hatte er es erhofft und sehnsüchtig herbei gewünscht, schließlich brachte es ihm die Erlösung von seinen Leiden, gab ihm Hoffnung und Zuversicht zurück. Es würde ihn erneuern und ihm eine neue Lebenschance geben. Doch dieses Gewitter war in seiner Heftigkeit und Intensität lauter und bedrohender, als alle anderen zuvor. Angst überkam den Botschafter und ließ ihn beunruhigt hochschrecken.
Im gleichen Atemzug sprang die Türe zu seinem Schlafgemach mit einem lauten Knall auf und eine ganz in Weiß gekleidete Gestalt betrat den Raum, umgeben von einem leuchtenden Strahlenkranz übernatürlichen weißen, ja fast gleißenden Lichtes. „Eva„, stammelte der Botschafter, erschreckt, beglückt und überrascht zugleich. „Wie schön meine Geliebte, dass Du endlich da bist“. Eva blieb stumm. Sie schwebte mehr als sie ging und blieb am Bett an seiner Seite stehen. Mit einer kaum merkbaren Bewegung ihrer Schulter ließ sie ihr Gewand zu Boden gleiten und zeigte sich ihrem Gemahl in ihrer ganzen und wundervollen Schönheit – genauso, wie sie ihr Schöpfer geschaffen hatte.
Er empfing sie mit offenen Armen und sie verschloss ihm mit einem langen und zärtlichen Kuss den fragenden Mund. Und je mehr und je tiefer er in ihren Körper eindrang, desto mehr ergriffen die Lebensgeister des jungen und viel zu früh verblichenen ersten Sekretärs von seinem Körper Besitz. Und sie liebten sich die ganze lange Nacht … …
Am nächsten Morgen, kurz nach dem Frühstück, schickte der Gesandte nach seinem Diener, um ein persönliches Telegramm an seinen Vorgesetzten, den Kanzler zu schicken. Als der Diener eintrat, sah er seinen Herrn an einem der großen Fenster stehen und bemerkte, wie dieser nahezu unbeweglich auf die riesigen Weiten des Pazifiks hinaus starrte. „Joseph“, meinte er zu seinem Diener, „sorgen Sie bitte dafür, dass dieses Telegramm seine Exzellenz, den Kanzler, auf aller schnellstem Wege erreicht. Berlin soll die Angehörigen des so unglücklich ums Leben gekommenen Sekretärs Horvath benachrichtigen. Es ist eine Tragödie“.
„Ja, Herr Botschafter“, meinte auch der Diener mitfühlend, „es ist eine Tragödie. Diese Badeunfälle sind auch wirklich sehr schrecklich. Jetzt haben wir schon den dritten Todesfall in Ihrer Amtszeit zu beklagen“. Und im Umdrehen bemerkte er noch, dass der Botschafter seine Katze auf dem Arm hielt. „Oh“, rief der Diener erfreut, „Eva ist ja auch wieder hier“. „Ja, Joseph“, erwiderte der Diplomat erfreut, „Eva ist zwar eine große Herumtreiberin, aber sie kommt zum Glück immer wieder zurück. „Ja, es ist wirklich ein Glück“, meinte auch der Diener und entfernte sich, um das Telegramm aufzugeben. Und die Katze schnurrte auf das Behaglichste, räkelte sich in den Armen ihres Herrn, liebkoste ihm die Hände und streichelte zärtlich mit ihrem Köpfchen seine Wangen. Ihre Augen strahlten ihn an. Es waren wunderbare grüne Augen.
Der Botschafter wandte sich vom Fenster ab und wieder seinem Schreibtisch zu. Er lächelte und wirkte überaus glücklich, sehr erholt und in seinem Wesen ausgeglichen und gefestigt. Es war wie ein Wunder – aus dem greisen, dem Verfall preisgegebenen Diplomaten war ein frischer und jugendlich wirkender stattlicher Mitfünfziger geworden. Der Blick des Botschafters richtete sich auf die Wand gegenüber:
Dort hing ein Bild von Eva, seiner geliebten Ehefrau. Es war ein Aktbildnis und es zeigte Eva mit der Katze. Der Botschafter liebte dieses Gemälde, er konnte, wenn es sein musste, Stunden davor verbringen. Nicht nur, weil es seine Frau unbekleidet in voller Lebensgröße zeigte, und weil die Katze, die Eva in den Armen hielt, nur sehr unvollständig ihren wundervollen und sehr weiblichen Oberkörper bedeckte, nein, es waren die Augenpaare der Dargestellten die ihn, den Botschafter so ungeheuer faszinierten:
Immer, wenn der Botschafter und die Katze einsam waren, dann nahm sich der Diplomat einen Stuhl und betrachtete, immer mit der Katze im Arm, das Bildnis seiner Frau. Und es dauerte dann meistens nicht sehr lange bis die beiden so geliebten Augenpaare auf dem Gemälde erglühten und kleine weiße Blitze auf den Mann mit der Katze im Arm hernieder prasseln ließen.
Im fernen Berlin stand der Kanzler in gebückter Haltung und die Hände auf dem Rücken gekreuzt auf dem Balkon seines Amtssitzes und betrachtete sehr nachdenklich das aufgeregte Treiben der angehenden Millionenstadt. Auch er war seines Amtes müde und fühlte sich den vor ihm liegenden Aufgaben so gar nicht mehr gewachsen. Und da war auch zu allem Unglück noch Hermine. Hermine war seine Ehefrau, ein Mitbringsel aus seiner Zeit als Geschäftsträger am österreichischen Hofe in Wien. Doch das war sehr lange her und Hermine hatte heute mit dem verwöhnten, lustigen und lebensfrohen k. u. k. – Prinzessin von damals etwa noch soviel gemeinsam, wie ein alter Segelschoner mit der riesigen MS Imperator, die in diesen Tagen von Hamburg aus zu ihrer Jungfernfahrt nach New York aufbrechen sollte.
Außerdem war Hermine nicht gerade ein Musterbeispiel von treuer Ehefrau. Doch das hätte den greisen Kanzler wenig gestört, wenn nicht ausgerechnet der zur Zeit aktuelle Liebhaber ein mehr oder weniger nichtssagender Lebemann und Schauspieler gewesen wäre. „Wenn sie sich wenigstens einen Regierungsrat oder Obersten ausgesucht hätte – nein, ein Theaterheld muss es sein“, murrte der alte Kanzler mürrisch in seinen in allen Ehren ergrauten Bart.
Auf seinem riesigen Schreibtisch lag noch immer das Telegramm seines Freundes, des Botschafters. Und ein Gedanke beschäftigte ihn schon die ganze Zeit, ließ ihn nicht mehr los und spukte ihm unaufhörlich im Kopf herum:
Er könnte doch die Heimat seiner Vorfahren besuchen, ein Leben ohne Hermine führen, einfach demissionieren, noch einmal jung sein, die Inseln der Südsee besuchen, und das fast noch jungfräuliche zwanzigste Jahrhundert in vollen Zügen genießen – im guten wie im schlechten und .. und …
Der Kanzler stand vor dem Bild seines Ur-Großvaters, dem Gründer der Familien-Dynastie und beide Männer sahen sich an. Nachdenklich, fragend, suchend und lebend der eine, der Kanzler – erfahren und wissend um die Probleme des Ur-Enkels, der andere, der Gemalte, der Ur-Großvater. Im Arm hielt der Gemalte eine besonders edle und schöne Katze – eine altägyptische Tempelkatze. Katzen dieser besonderen Rasse wurden schon seit Ur-Zeiten in der Dynastie gehalten und von den Familienangehörigen sehr verehrt.
Auch der Kanzler liebte diese wunderschönen Tiere und wann immer es ging, betrachtete er das Gemälde und ließ sich von dem Blick der darauf abgebildeten Tempelkatze gefangen nehmen. Nach einer Weile des innigen Betrachtens vermischten sich Zeit und Raum, spielten Gegenwart und Zukunft absolut keine Rolle mehr, vermischten sich die Bausteine des Lebens des hier und jetzt mit völlig neuen und unbekannten Werten einer so gänzlich anderen Welt.
Als der Adjutant des Kanzlers dessen Arbeitszimmer betrat, blieb ihm vor Schreck fast das Herz stehen. Der ganze riesige Raum war von einer sanften, milden Meeresbrise erfüllt und von ganz weit entfernt glaubte der Offizier Musik zu hören:
Die sanften Melodien der Südsee – sowie die Brandung des Pazifiks und das Wiegen der Palmen. Vom Kanzler fehlte aber jede Spur. Auf dessen Schreibtisch fand er lediglich dessen Demissionsschreiben und sonst nichts. Kein Hinweis, keine Nachricht. Als der Adjutant sich im Raum umsah, hätte ihn fast der Schlag getroffen:
Dort, wo sonst immer das Bildnis des Ur-Großvaters hing, blickte ihm nun der Kanzler entgegen und im Arm hielt er eine Katze mit leuchtend grünen Augen. Und als der Offizier das Bild leicht berührte, stellte er zu seinem unsagbaren Entsetzen fest, dass die Farbe des Gemäldes noch nicht ganz trocken war … …
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